Das 13. Jahrhundert war für die Merseburger Bischöfe geprägt von schwindender Königsnähe und den daraus resultierenden Besitzerweiterungen, aber auch einem intensiven Ringen mit den Wettinern um die Vorherrschaft im Gebiet zwischen Merseburg und Leipzig. Der Dom erfuhr einen umfassenden Ausbau. Die Jahr1000Schätze zeigen im August seltene, herausragende Stücke, die den sich vergrößernden Einfluss des Bistums unterstreichen. Im Domstiftsarchiv hat sich aus dem frühen 13. Jahrhundert ein Tragaltar erhalten, der zeigt, wie auch in entlegenen Gebieten des Bistums Messfeiern durchgeführt werden konnten. Das sich steigernde Selbstbewusstsein des Domkapitels wird auch in einem großen Siegelstempel deutlich, der die Hauptheiligen des Doms zeigt.
Tragaltar, 1. Drittel des 13. Jahrhunderts
Der Tragaltar aus dem Merseburger Domstiftsarchiv ist eine echte Rarität, denn es sind nur noch wenige mittelalterliche Tragaltäre erhalten geblieben. Zugleich ist er ein eindrucksvolles Beispiel für den liturgischen Alltag.
Für die Verwendung derartiger Tragaltäre war die Genehmigung des Ortsbischofs, häufiger noch die des Papstes notwendig. Der Tragaltar ermöglicht die Messfeier an einem ungeweihten Ort. Auf dem in den Tragaltar eingelassenen Stein fanden Kelch und Patene während der Messfeier Platz. Bei dem Merseburger Altar fehlt der Stein. In der Aussparung darunter wurden Reliquien verwahrt. Der aus einer Eichenholztafel mit umlaufenden Silberblechen gefertigte Altar zeigt zahlreiche Reliefs. Der Leiter des Domstiftsarchivs, Markus Cottin, stellt den Altar genauer vor.
Großer Siegelstempel des Merseburger Domkapitels, um 1220
Das Selbstbewusstsein des Domkapitels und seine Fürsorge für den Dom kamen in der Schaffung eines neuen Siegelbildes im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts zum Ausdruck. Es zeigt die beiden Hauptheiligen des Domes, Laurentius und Johannes den Täufer, vor einem Gebäude, das offenbar den Bauzustand des Domes um 1220 zeigt.
Großer Siegelstempel
Für die Benutzung des großen Siegels gab es strenge Vorschriften. So wurde es in einem mit drei Schlössern versehenen Siegelstock verwahrt. Seit dem 14. Jahrhundert trat neben dieses große Siegel ein Geschäftssiegel, das für alltägliche Beurkundungen genutzt wurde (unser Jahr1000Schatz des 14. Jahrhunderts). Das Domkapitel nutzte den großen Siegelstempel noch bis ins 18. Jahrhundert für die Besiegelung besonders wichtiger Urkunden. Markus Cottin erklärt, was wir noch aus dem Siegelstempel ablesen können.
Das seltene Siegelbild wurde im Festjahr bereits besonders gewürdigt. Das Bild ziert die neue Glocke, die 2021 für den Merseburger Dom gegossen wurde. Die von der Friede Springer Stiftung finanzierte Glocke wurde bereits im Juni in Freiberg gegossen. Zum Weihetag, am 1. Oktober 2021, wird sie erstmals in Merseburg vorgestellt und geweiht.
Das seltene Siegelbild wurde im Festjahr bereits besonders gewürdigt. Das Bild ziert die neue Glocke, die 2021 für den Merseburger Dom gegossen wurde. Die von der Friede Springer Stiftung finanzierte Glocke wurde bereits im Juni in Freiberg gegossen. Zum Weihetag, am 1. Oktober 2021, wird sie erstmals in Merseburg vorgestellt und geweiht.
Die neu gegossene Friede-Glocke Siegelbild auf der Glocke
Das Domkapitel im 13. Jahrhundert
Unter den Bischöfen Dietrich und Ekkehard gelang die Konzentration wichtiger landesherrlicher Rechte wie der Domvogtei und des Befestigungsrechts in der Hand der Merseburger Bischöfe. Im Zuge der welfisch-staufischen Auseinandersetzungen weilten der Welfe Otto IV. sowie der Staufer Friedrich II. zwischen 1203 und 1213 mehrfach in Merseburg, doch brachen die Königsaufenthalte dann ab. 1252 weilte mit Wilhelm von Holland für lange Zeit wieder ein römisch-deutscher König in Merseburg, der sich der Unterstützung der mitteldeutschen Fürsten versichert hatte. In der Folge gelang es Bischof Friedrich I. königliche Rechte, wie die Gerichtsbarkeit auf dem Neumarkt und wohl auch die Königspfalz als bischöflichen Besitz zu übernehmen. Das Hochstift konnte systematisch auf Leipzig zu ausgebaut werden, indem Burgen wie Schkeuditz und die Stadt Lützen erworben wurden. Die Unterstellung Leipzigs unter bischöfliche Oberherrschaft misslang jedoch, zu stark beharrten die Wettiner als Markgrafen von Meißen bzw. Landsberg auf der Stadtherrschaft. Unterstützt wurden die Bischöfe durch das Merseburger Domkapitel, aus dessen Mitte sie regelmäßig gewählt wurden. Es war vor allem der lokale Adel, der Merseburger Domherren stellen konnte.
Das Domkapitel erhielt reiche Stiftungen wie durch den Ritter Hermann von Hagen, der mehrere Liegenschaften vermachte. An ihn erinnert das aus der Werkstatt des Naumburger Meisters stammende Grabmal eines liegenden Ritters.
Grabmal in der Vorhalle des Merseburger Doms
Die steigende Bedeutung des Adels für die Domkirche erhellt nicht nur daraus, sondern auch aus dem Umstand, dass die Familie Knut sich in der Lage sah, den Merseburger Bischof Gebhard gefangen zu setzen und ein hohes Lösegeld zu erpressen. Den neu gewählten Bischöfen gab das Domkapitel Richtlinien der Politik zur Vorschrift, die auf eine Stärkung der Landesherrschaft durch Einziehung von Lehen und eine Beachtung der Rechte des Domkapitels gerichtet waren. Das Domkapitel differenzierte sich immer mehr aus, indem Domherren Ämter wie das des Kantors und Kustos übernahmen. Die Einteilung der Diözese in Archidiakonate war seit dem beginnenden 13. Jahrhunderts vollständig durchgeführt. Dass dennoch kein Stillstand bei der Ausdehnung des Territoriums eintrat, ist der geschickten Politik der Bischöfe nach dem schleichenden Verfall des königlichen Einflusses und dem Aufstieg der Wettiner zu verdanken. Im 13. Jahrhundert hatte sich Merseburg trotz eines kleinen Territoriums im Reigen der mitteldeutschen Mächte etabliert. Der Domumbau brachte das damit verbundene Selbstbewusstsein deutlich sichtbar zum Ausdruck.
Tipp: Turmbesteigung am Freitag, 27. August 2021
Auch die Türme wurden im 13. Jahrhundert errichtet. In einer Sonderführung haben Sie die Möglichkeit, den Süd-West-Turm und die Glocken des Merseburger Doms zu besichtigen.
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